Vereins Chronik
Kolonie Am Wäldchen
1946 - 1996
12207 Berlin Osdorfer Straße 71-79
Parzellenanzahl: 135 Koloniefläche: 45.003 m²
1946
Der Krieg war noch nicht ganz vergessen, viel Karten gab's, doch nichts zu essen. Die Berliner erhalten Lebensmittelpakete der privaten amerikanischen Hilfsaktion CARE aus den USA. Am 10. August erlässt der Alliierte Kontrollrat ein Gesetz nach dem Frauen beim Bau und bei Wiederaufbauarbeiten eingesetzt werden können. In Berlin arbeiten etwa 50.000 Trümmerfrauen mit zum Teil primitivsten Mitteln wie Eimern und Schaufeln.
Auf Veranlassung der Allliierten finden erstmals seit 1933 wieder freie Wahlen zur Stadtverordnetenversammlung statt. Darüber hinaus wählt die Stadtverordnetenversammlung am 20. Oktober einen Magistrat, dem Vertreter aller zugelassenen Parteien angehören.
Zwischen Berlin und Hannover verkehren die ersten Interzonenbusse.
Bei Osdorf nun, am Waldesrand, lag brach viel unbebautes Land. Zwar gab's nicht Weg, nicht Steg, nicht Zaun, doch hier wollt' seinen Kohl man selbst sich bau`n.
Am 14.April 1946 wurde vom Magistrat Bezirksamt Steglitz bekannt gegeben, dass ein Teil des militärischen Übungsgeländes zwischen Müllberg und Osdorfer Straße als Grabeland freigegeben wird. Dieses Gelände, das sich als eine mit Schützengräben, Bombentrichtern und Buschwerk durchzogene Landschaft darstellte, wurde parzelliert und mit Pflöcken abgesteckt. Auf jedem einzelnen Grundstück war unter einem Stein die Parzellennummerierung abgelegt.
Alle Bewerber auf ein Fleckchen Erde konnten sich beim Bezirksverband der Kleingärtner in Steglitz, Schloßstraße 28, im Losverfahren eine Nummer ziehen. Der nächste Weg führte direkt zur Osdorfer Straße und nach einigem Suchen fand man sein Stückchen Land, auf dem man, mehr oder weniger lange, glücklicher Parzellenbesitzer wurde.
Im Jahr 1947 wurden die ersten Lauben errichtet. Sie dienten nicht nur zur Aufbewahrung der so wichtigen Gartengeräte, sondern auch zum Schutz vor Unwettern. Das Material wurde „organisiert“. In den Ruinen und auf dem Müllberg fand sich viel was ein Laubenpieper gebrauchen konnte.
Nachdem der Kleingartenverein gegründet war, konnte nun mit der eigentlichen Arbeit begonnen werden. Das Jahrzehnte genutzte militärische Übungsgelände wurde geebnet, der harte Boden umgegraben und von Strauchwerk befreit. Als Umfriedung wurde alles genommen, was man in den Berliner Trümmerbergen finden konnte. Nun konnte mit der Aussaat begonnen werden. Da es keine Saatkartoffeln zu kaufen gab, wurden deren Schalen in die Erde gelegt und man hoffte auf eine gute Ernte.
Tabak wurde für den Eigenbedarf angebaut. Bäume und Sträucher gab es nur im Tausch gegen andere Wertsachen. Wasser wurde vom Gut Osdorf oder aus einem nahegelegenen Teich eimerweise herangeschleppt.
Erst 1948 konnte die Wasserleitung in Betrieb genommen werden, die in mühevoller Arbeit der damaligen Kolonisten verlegt wurde. Mit Karbidschlamm, Lehm und Sand wurde gebaut. Erst viel später konnten andere Bindemittel verwandt werden.
Bis 1950 führte die Kolonie die Bezeichnung "Osdorfer Straße", die später durch den Namen „Am Wäldchen" ersetzt wurde, weil der Wald vom Gut Osdorf an die Kolonie grenzte.
Langsam aber sicher ging es aufwärts. Nach der Währungsreform konnte dann fast alles gekauft werden. An die 2000 Obstbäume und Beerensträucher wurden 1950 gezählt.
Die größte Not war nun vorbei und so mancher Parzelleninhaber gab seinen Garten auf. Somit war die Möglichkeit gegeben, einen Festplatz anzulegen, um nach harter Arbeit auch kräftig feiern zu können.
Eine Tanzfläche wurde errichtet. Herrliche Sommerfeste fanden in großer Gemeinschaft statt.
Auch die Nachbarn vom Gut Osdorf waren bis zum Bau der Mauer stets willkommene und immer wiederkehrende Gäste.
Anfang der 60ziger Jahre wurde unsere Kolonie endlich Dauerkleingartenanlage Kolonie „Am Wäldchen" und in die Grünplanung des Bezirkes Steglitz mit einbezogen.
In den weiteren Jahren entstanden das Vereinshaus und das Musikpodium. Der Vorplatz wurde überdacht und als Ausschank genutzt. Wasserrohre in den Wegen wurden durch PVC-Rohre ersetzt.
Im Herbst 1984 wurden im Mittel- und Kirschenweg die letzten alten Wasserrohre erneuert und im Frühjahr 1985 die Zufahrt zum Festplatz befestigt. Heute präsentiert sich unsere Kolonie in einem neuen Gewand. Die typischen Lauben wurden größtenteils durch Häuser ersetzt, die meist recht komfortabel eingerichtet sind. Auch die Gartenkultur hat sich verändert. Aus den „Grünen Versorgungsdepots" sind „kleine Gartenparadiese" geworden, die nicht nur der kleingärtnerischen Nutzung, sondern auch der Erholung für klein und groß dienen. Das Alter unserer Kolonie erkennt man nur noch an manch altem Baum, der im Frühjahr jeden Jahres aufs neue jung wird.
Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 hat sich auch das Umfeld für unsere Kolonie grundlegend verändert. Die bis dahin auf der Osdorfer Straße bestehende Beschaulichkeit und Ruhe gehört der Vergangenheit an.
Stattdessen erleben wir hautnah eine verkehrsreiche Straße, die sich inzwischen zu einer wichtigen Verkehrsverbindung im Süden unserer Stadt - mit allen positiven und negativen Eigenschaften - entwickelt hat.
Sicherlich werden die meisten Bürger unserer Stadt den Wegfall der unnatürlichen Grenzanlagen mit Genugtuung begrüßt haben. So ergeben sich doch hierdurch viele neue Möglichkeiten der aktiven Freizeitgestaltung, wie z.B. Fahrten ins Umland, Spaziergänge und Fahrradtouren auf den ehemaligen Grenz- oder Feldwegen.
Spätestens beim Weggang der Alliierten aus Berlin wird sich so mancher gefragt haben, was mit dem freigewordenen Gelände wohl geschehen wird. Werden dort neue Wohnungen entstehen, oder werden Areale als Industriestandort ausgewiesen? Hieraus erklärt sich die Sorge der Gartenfreunde um den Fortbestand der Kolonie.
Wir sind jedoch sicher, dass unsere Kolonie "Am Wäldchen" auch in den nächsten 50 Jahren uns und den Bürgern unserer Stadt als Naherholungsgebiet zur Verfügung stehen wird.
Seit dem 25.03.2015 ist unsere Kolonie beim Amtsgericht
als eingetragener Verein (e.V.) registriert.
Die 1. Vorsitzenden
Seit Bestehen unserer Kolonie „Am Wäldchen“ haben folgende Gartenfreunde als 1. Vorsitzende die Geschichte des Vereins mitbestimmt:
1946-1947 Gfd. Becker
1947-1948 Gfd. Düsterhof
1948-1952 Gfd. Höhne
1952-1959 Gfd. Wardin
1959-1963 Gfd. Steinhaus
1963-1979 Gfd. Wardin
1979-1984 Gfd. Thiesies
1984-1988 Gfd. Knollmeier
1988-1997 Gfd. Raschke
1997-2002 Gfd. Schmidt-Berger
2002-2005 Gfd. Hans-Jürgen Trappe
2005-2008 Gfd. Andreas Arbter
2008-2012 Gfd. Claus Hettrich
2012-2018 Gfd. Isabella Dikta
ab 2018 Gfd. Hans-Jürgen Trappe
Unser Dank gehört auch den Gartenfreunden, die in unterschiedlichen Positionen in all den Jahren im Vorstand mitgearbeitet, bzw. die den Verein mit ihrem persönlichen und oftmals selbstlosen Einsatz zu dem gemacht haben, was er heute darstellt.
Ehrenmitglieder,
die sich für unsere Kolonie verdient gemacht haben und die in den Mitgliederversammlungen mit eindeutiger Mehrheit zu Ehrenmitglieder gewählt worden sind:
Gfd. Bruno Wardin (ca. 23 Jahre 1. Vorsitzender)
Gfd. Heinz Schulz
Gfd. Thomas Bawol
Gfd. Harry Duckhorn und
Gfd. Fritz Lindner
Gfd. Heinz Raschke
Gfd. Wilfried Titze
Gfd. Eberhard Kunz